Heute geht es um das Thema Bewegung und Sport. Da ich überzeugt bin, dass auch Bewegung ein wichtiger Faktor für unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden ist.
Möchtest du wissen, wie du effizient deine Muskeln stärkst?
Ist es zum Beispiel gleich effektiv mit dem eigenen Körpergewicht oder gegen Widerstand zu trainieren?
Was ist beim Gewichtstraining zu beachten?
Wie oft pro Woche braucht es ein Training, um einen gesundheitlichen Nutzen davon zu haben?
More...
Solche und viele weitere Fragen durfte ich meinem Interviewgast Tanja Lehmann stellen.
Tanja Lehmann ist unter anderem Personal Trainerin und dipl. Ernährungs- und Gesundheitscoach. Sie gibt regelmässig Einzel- und Gruppentrainings in Bern und Zürich.
Herzlich Willkommen liebe Tanja. Ich lege gleich mit den Fragen los. Kannst du dich kurz selber vorstellen?
Ich freue mich hier zu sein, danke für die Einladung zum Interview. Gerne stelle ich mich kurz selber vor. Mein Name ist Tanja Lehmann, ich bin 39 Jahre alt, bin verheiratet, habe 3 Kinder und habe mein Hobby zum Beruf gemacht!
Welche positiven Effekte für die Gesundheit hat man, wenn man regelmässig seine Muskeln trainiert?
Da gibt es sehr viele positive Effekte. Regelmässiges Muskeltraining stärkt zum Beispiel das Herz- Kreislaufsystem und das Immunsystem und hat günstige Auswirkung auf das Gefässsystem und auf den Gehirnstoffwechsel.
Ist es besser mit Gewichten zu trainieren oder geht das auch mit dem eigenen Körpergewicht?
Die Frage ist immer was dein Ziel ist. Ist es dein Ziel, fit zu werden, dann ist es auch eine gute Variante mit dem Eigenkörpergewicht zu trainieren. Willst du jedoch deine Muskeln gezielt stärken und die oben genannten Effekte erzielen, brauchst du Zusatzgewichte!
Nehmen wir an, ich will neu in einem Fitnesscenter zu trainieren beginnen, da ich meine Muskeln stärken will. Wie viel Gewicht soll ich den nun stemmen an den Geräten?
Das optimale Gewicht kannst du selber herausfinden. Nimm das Gewicht, dass du einmal hochstemmen kannst (wenn du es mehr als einmal hochstemmen kannst, dann ist es zu leicht, dann benutze mehr Gewicht – es braucht ev. zu Beginn ein paar Anläufe um dieses Gewicht herauszufinden). Sobald du das Gewicht eruiert hast, welches du einmal hochstemmen kannst, hast du deine 100% Fmax (Maximallast) herausgefunden. Von diesem Gewicht ziehst du nun 15-25% ab. Mit diesem errechneten Gewicht startest du dann deine Trainingseinsätze.
Am besten nimmst du bei deinem ersten Training (falls das nicht sowieso betreut ist) ein Blatt Papier mit, und schreibst dir jeweils bei den Geräten auf, welche Fmax du eruiert hast und mit welchem Gewicht du schlussendlich arbeiten wirst (eben 100% Fmax minus 15-25%).
Und wie viele Wiederholungen mache ich mit diesem Gewicht?
Das mit den Wiederholungen ist so ein Ding. Je nach Ziel gibt es verschiedene Trainingsvarianten. Den besten Effekt hast du, wenn du ein Mehrsatz-Training absolvierst, d.h. 3-4 Sätze à 6-15 Wiederholungen machst.
Gilt das für beide Geschlechter, oder gibt es da Unterschiede?
Da gibt es keine Unterschiede bezüglich des Vorgehens wie man sein optimales Trainingsgewicht an den Geräten bestimmt. Die Muskeln sind selbstverständlich dieselben, die Ausprägung der Muskeln sind jedoch Testosteronabhängig, deshalb haben wir Frauen weniger Kraft und kleinere Muskeln als die Männer.
Wie lange trainiere ich denn dann mit diesen Gewichten? Ein paar Wochen?
Das Ziel beim Krafttraining ist, das man dem Muskel immer wieder neue Reize setzt. Aus diesem Grund variiert man die Satzanzahl, die Wiederholungszahl, die Gewichtsmenge usw.. Je nach körperlicher Konstitution, Regeneration und Anzahl der Trainingseinheiten pro Woche braucht es eine Weile, bis sich der Körper an die Übung und an das Gewicht gewöhnt hat, bevor man den Muskeln mit einem neuen Trainingsplan einen neuen Reiz setzt.
Und wie steigere ich dann, nehme ich mehr Gewicht, oder mache ich mehr Wiederholungen pro Übung?
Je nach Ziel gibt es auch da verschiedene Varianten. Für diejenigen, die ein bisschen mehr Kraft möchten, empfehle ich zuerst schrittweise die Wiederholungszahl zu erhöhen bis zu 15 Wiederholungen und erst danach das Gewicht zu erhöhen.
Hat man in dem Fall weniger Effekt, wenn man weniger Gewicht nimmt, dafür mehr Wiederholungen macht – als umgekehrt?
Sobald man mit weniger als 50% FMax trainiert, befindet sich der Körper im gymnastischen Trainingseffekt, d.h. es ist vor allem ein Cardiotraining, wo die Ausdauer und das Herz- Kreislaufsystem gestärkt werden.
Bei einem Training mit 50 bis 80 % Fmax starten folgende Effekte:
- Verbesserung von Stoffwechsel und Energiebereitstellung
- Kapillarisierung, d.h. Verbesserung der Blutversorgungssituation im Muskel oder in anderen Geweben
- Verbesserung einiger Herz-Kreislauf-Parameter
- Günstige Auswirkung auf Gehirnstoffwechsel und Psyche
Bei einem Training ab 60% Fmax:
- Kinder: Leistungssteigerung und Körperverbesserung
- Verbesserte Versorgung der Gelenkstrukturen
Beim Training ab 70% Fmax:
- Vergrösserung des Muskelquerschnitts
- Effektivere Rehabilitation
- Figurverbesserung
- Leistungs- und Lebensqualitätssteigerung beim älteren Menschen
- Verbesserung der Beweglichkeit
- Haltungsverbesserung
Beim Training ab 75% Fmax:
- Günstige hormonolle Auswirkung
Beim Training ab 80% FMax:
- Knochendichteerhöhung
- Verstärkung der Sehnen, Bänder, Faszien und Gelenkstrukturen
- Erhöhte Gelenkstabilisierung
- Verbesserte Schutzfunktion
- Kraftzuwachs
- Gesteigerte Schnelligkeit
Man sieht, gewisse Effekte stellen sich erst bei einem Training mit einem bestimmten Widerstand ein. Daher kommt es sehr auf das Ziel darauf an. Will man zum Beispiel seine Knochendichte erhöhen, sollte man mindestens mit 80% FMax trainieren, ansonsten erzielt man diesen Effekt nicht.
Wie viel Sekunden Pause braucht es zwischen den Wiederholungen?
Auch dies hängt vom Trainingsziel und Trainingsplan ab. Das Ziel ist es, den Muskel zwischen den Sätzen nicht kalt werden zu lassen. Je nach Intensität sind die Pausen zwischen 30 Sekunden und 2 Minuten.
Und wie viel Regenerationspause braucht es nach einem intensiven Gewichtstraining? Macht es Sinn, am nächsten Tag bereits wieder zu trainieren?
Jede Muskelgruppe braucht seine Regenerationszeit.
- Langerholer: Rücken, Hüfte und Oberschenkel: brauchen 48-96h Regenerationszeit
- Mittelerholer: Schulter, Arme und Brust: brauchen 36-72h Regenerationszeit
- Kurzerholer: Bauch, Rückenstrecker und Waden: brauchen 24-36h Regenerationszeit
Die Regenerationszeit ist zudem abhängig von folgenden Punkten:
- Grösse der Muskelgruppen
- Alter des Ausführenden. Je älter der Ausführende, desto mehr Regenerationtszeit braucht es
- Desto seltener die Übung ausgeführt wird, desto mehr Regenerationszeit braucht es
- Stressoren, Schlafenszeit, usw.
Vermehrter Stress erhöht die Regenerationszeit. Genügend und erholsamer Schlaf verkürzt die Regenerationszeit
Und ist es besser pro Woche je einmal jede Muskelgruppe zu trainieren (zum Beispiel an einem Tag die Beine, dann an einem nächsten Tag die Arme, den Rücken etc), oder ist es besser bei jedem Training jede Muskelgruppe mit mindestens einer Übung einzuschliessen?
Es macht Sinn, die Muskeln nach Ihrer Regenerationszeit einzuteilen (siehe letzte Frage). Falls man die verschiedenen Muskelgruppen auf die Woche aufteilt, hat man den Vorteil, dass man bereits am nächsten Tag wieder trainieren kann. Eben dann eine andere Muskelgruppe. So kann man öfter trainieren, die Regenerationsphasen der einzelnen Muskeln aber trotzdem einhalten.
Jemand, der ein Ganzkörpertraining macht, sollte am nächsten Tag das Ganzkörpertraining nicht wiederholen, da die Muskeln noch in der Regenerationsphase sind. Mann kann jedoch gut am Folgetag ein (lockeres) Ausdauertraining einbauen.
Wie oft pro Woche sollte man optimalerweise trainieren?
Das Minimum an Trainingseinheiten pro Woche sind 3!!! Leider bauen sich die Muskeln schneller ab als auf!
Spielt es eine Rolle, zu welcher Tageszeit man trainiert?
Das hängt wieder vom Ziel ab. Will man zum Beispiel abnehmen, ist es am sinnvollsten, am Morgen mit nüchternem Magen zu trainieren. So hat man die beste Fettverbrennung.
Mir ist bewusst, das ein Training am Morgen nicht für alle machbar ist. Zum guten Glück verbrennen wir auch Fett, wenn wir am Abend trainieren. Da die vorhandenen Muskeln das Fett verbrennen!
Worauf ist bezüglich der Ernährung vor dem Training zu achten?
Am besten ist es, vorher etwas leichtes zu essen.
Worauf ist bezüglich der Ernährung nach dem Training zu achten?
Die geforderten Muskeln müssen sich regenerieren können, deshalb macht es Sinn, nach dem Training Gemüse (Basisch) und Protein (Fisch, Poulet) (oder allenfalls einen Eiweissshake) zu sich zu nehmen. Durch die Zugabe von BCAA Suplements (Anm. d. Red.: „Branched Chain Amino Acids“, sprich bestimmte Aminosäuren) werden die Wachstumshormone angekurbelt, damit die Fettverbrennung stattfinden kann.
Ist es deiner Meinung nach nützlich / wichtig Proteinshakes zu nehmen?
Dies muss man etwas differenzierter betrachten. Man weiss, dass man aus folgenden Gründen Eiweiss benötigt:
- als Energielieferant
- für den Zellaufbau
- für den Aufbau von Hormonen
- für die Immunabwehr
- für das Gerüst und für die Stützfunktion
Isst nun jemand wenig (oder gar kein) Fleisch oder nimmt sich keine Zeit um Fleisch zu kochen, macht es sicherlich Sinn, einen guten Proteinshake zu trinken. Auch für jemanden, der gezielt auf die Ernährung schaut mit dem Ziel sein Gewicht zu reduzieren, ist es meiner Meinung nach hilfreich, die Ernährung mit einem Shake zu ergänzen.
Ist es deiner Meinung nach wichtig vor und/oder nach dem Training zu dehnen?
Vor dem Training zu dehnen ist umstritten. Es macht jedoch sicherlich Sinn, sich kurz mit einigen Übungen aufzuwärmen. Nach dem Training empfehle ich immer ein dynamisches Dehnen durchzuführen.
Wie motivierst du deine Kunden oder dich selber, längerfristig dranzubleiben? Bzw. was sind deine besten Motivationstipps?
Ich motiviere meine Kunden durch alles, was sie bisher erreicht haben (seien es kleine oder grosse Fortschritte oder sogar schon erreichte Ziele). Alles, was man selber erreicht hat, motiviert aus meiner Sicht am besten um dranzubleiben.
Oft gibt es Leute, denen nicht bewusst ist, was Sie alles schon erreicht haben. Gerne führe ich Ihnen dann vor Augen, was sie nun bereits besser können als zu Beginn. Ich finde es wichtig, dass ihnen die Erfolge wieder bewusst werden, das motiviert extrem. Und wenn das Ziel zum Beispiel eine Gewichtsveränderung ist, empfehle ich, zu Beginn des Trainings von sich selber ein Foto zu machen. Nach einem gewissen Zeitraum (ca. nach 3 Monaten) macht man wieder ein Foto. So ist man meist positiv überrascht, welche Veränderungen sich bereits eingestellt haben. Das motiviert, um weiter dranzubleiben.
Liebe Tanja, herzlichen Dank für das Interview und deine wertvolle Zeit.
Über Tanja Lehmann
Als dipl. Ernährungscoach, dipl. Gesundheitscoach und EMS-/Personal Trainerin unterstützt und motiviert Tanja Personen, die leistungsstärker und energievoller durch den Tag gehen wollen.
Foto: Tanja Lehmann
Du wünschst dir persönliche Begleitung und Unterstützung auf deinem Gesundheitsweg? Ich bin gerne für dich da: