Interview mit Sereina de Zordo (aha! Allergiezentrum Schweiz) — Alles über Allergien auf Nahrungsmittel und wo du als Betroffene(r) Informationen und Unterstützung erhältst

Oktober 27, 2016

Heute dreht sich alles um das Thema Nahrungsmittelallergien.

Leidest du selber unter einer Nahrungsmittelallergie oder einer Intoleranz? Oder leidet dein Kind unter einer Allergie? Was passiert eigentlich bei einer Allergie im Körper, und wie kann ich eine solche erkennen? Was sollte bei einer Allergie im Alltag beachtet werden?

Bei Allergien und Intoleranzen bietet aha! Allergiezentrum Schweiz auf vielfältige Art Hilfe und Unterstützung für Betroffene. Inwiefern und in welcher Form liest du im Interview mit Sereina de Zordo, Projektleitung und Beratung, Fachdienstleistungen, aha! Allergiezentrum Schweiz.

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Liebe Sereina, herzlich willkommen. Ich lege gleich mit den Fragen los.

Die meisten Menschen kennen aha! Allergiezentrum Schweiz vor allem durch die gekennzeichneten Produkte (Laktose- oder Glutenfrei) in den Supermärkten. aha! Allergiezentrum Schweiz bietet aber noch eine ganze Menge mehr. Kannst du etwas mehr über aha! Allergiezentrum Schweiz erzählen? Was sind die Aufgaben des aha! Allergiezentrums Schweiz?

aha! Allergiezentrum Schweiz ist eine gemeinnützige Stiftung. Unser Ziel ist es, Betroffene im Alltag zu unterstützen und so zu mehr Lebensqualität zu verhelfen. Wir bieten Beratungen, Schulungen, Kinderlager, Informationsbroschüren und vieles mehr rund um das Thema Allergien.

Es gibt ja ganz verschiedene Allergien. Nebst den Intoleranzen und Allergien auf Nahrungsmittel gibt es zum Beispiel auch Heuschnupfen oder Hausstaubmilbenallergien. Findet man dazu im aha! Allergiezentrum Schweiz auch Informationen, oder geht es vor allem um Nahrungsmittelallergien?

Das Spektrum der allergischen Erkrankungen ist sehr breit – und demnach auch unsere Angebote: Wir bieten Unterstützung bei Nahrungsmittelallergien und Intoleranzen, bei Neurodermitis und Atemwegsallergien bis hin zu Asthma. Von der Allergie auf Hausstaubmilben oder Pollen bis hin zu Gluten- oder Laktoseintoleranz kommen alle Themen vor.

Hat aha! Allergiezentrum Schweiz einen Standort, wo man sich direkt vor Ort informieren kann? Oder gibt es die Möglichkeit einer telefonische Beratung? Oder läuft die Information vor allem via Internet?

Viele Betroffene suchen als erstes im Internet nach Informationen. Unsere Webseite aha.ch ist deshalb eine sehr wichtige Plattform. Unsere persönlichen Beratungsangebote bieten darüber hinaus Unterstützung – gerade wenn es um komplexere Fragen geht. Unser Beratungstelefon aha!infoline ist jeweils von Montag- bis Freitagvormittag besetzt. Für Neurodermitis-Betroffene bieten wir Beratungsstellen an. Wir bieten die meisten Angebote übrigens in allen drei Sprachregionen der Schweiz an.

Habt ihr auch spezielle Angebote für betroffene Kinder? Kannst du etwas darüber erzählen?

Gerade Kinder sind häufig von Allergien, Asthma und Neurodermitis betroffen. Es ist deshalb besonders wichtig, die Eltern und Betreuungspersonen zu unterstützen. Wir bieten Neurodermitis-Kinderschulungen an, damit Kinder lernen, mit dem Thema umzugehen. Jugendliche können auch an unseren Anaphylaxie- und Asthma-Schulungen teilnehmen. Für 8 bis 16 Jahre alte Kinder und Jugendliche organisieren wir jährlich Ferienlager mit Spiel und Spass.

Was ist eine Allergie eigentlich genau? Was passiert da im Körper?

Bei einer Allergie reagiert das Immunsystem auf harmlose Stoffe aus der Umgebung. Etwa auf Pollen, Nahrungsmittel, Hausstaubmilben oder Schimmelpilze. Bei dieser Überreaktion kommt es zu typischen Symptomen, die von einer laufenden Nase, geröteten tränenden Augen, Hautreaktionen oder Magen-Darm-Beschwerden bis hin zu einem allergischen Schock führen können.

Was ist der Unterschied zwischen einer Nahrungsmittelallergie und einer Intoleranz?

Bei einer Nahrungsmittelallergie reagiert das Immunsystem mit so genannten IgE-Antikörpern auf bestimmte Proteine zum Beispiel in Eiern, Milch, Weizen, Nüssen, Erdnüssen, Soja oder Fisch aber auch verschiedenen Früchten und Gemüsen.

Bei einer Intoleranz handelt es sich in den meisten Fällen um ein Stoffwechselproblem. Zum Beispiel, wenn bei einer Laktoseintoleranz der Milchzucker im Dünndarm nicht oder nur ungenügend verdaut werden kann. Ausnahme ist die Zöliakie, die eine Autoimmunreaktion auf Gluten ist. Bei einer Intoleranz kommt es nicht zu lebensbedrohlichen Symptomen – ganz im Unterschied zu einer Nahrungsmittelallergie.

Wie kann man eine allfällige Allergie erkennen?

Eine Nahrungsmittelallergie kann sich unterschiedlich äussern. Typische Symptome sind Juckreiz an Lippen und im Hals, ein pelziges Gefühl im Mund und Gaumen oder Schwellungen. Erbrechen, Durchfall, Krämpfe oder Hautreaktionen und Atemnot sind weitere, schwerere Reaktionen. Treten sie auf, muss unverzüglich ein Notarzt gerufen werden.

Wenn man eine Allergie oder Intoleranz vermutet, wie geht man da am besten vor?

Wenn jemand Beschwerden bemerkt, sollte er genau beobachten, ob er allfällige Auslöser erkennen kann. Bei Verdacht auf eine Allergie sollten in jedem Fall Abklärungen beim Hausarzt oder bei einem Allergologen gemacht werden. Bei Blähungen, Windabgang, Durchfall oder Verstopfungen kann ein Magen-Darm-Spezialist abklären, ob es sich um eine Intoleranz handeln könnte. Für den Arzt ist es in jedem Fall hilfreich wenn ein Ess-Symptomtagebuch geführt wird.

Wenn man frisch eine Allergiediagnose vom Arzt erhalten habe, wie geht man da am besten vor?

Ist eine Nahrungsmittelallergie diagnostiziert, erhalten Betroffene Unterstützung einer Ernährungsberaterin. Diese hilft, den Speiseplan richtig anzupassen. Es ist wichtig, das auslösende Nahrungsmittel strikt zu meiden.

Worauf muss man als Allergiker im Alltag unbedingt achten, damit es einem gut geht?

Bei einer Nahrungsmittelallergie ist es sehr wichtig, die Zutatenlisten immer genau zu lesen. Beim Auswärtsessen oder wenn man eingeladen ist, sollte das Service-Personal oder der Gastgeber frühzeitig über die Allergie informiert werden. Wer ein Notfallset besitzt, muss dies immer bei sich tragen und Personen in seinem Umfeld über Notfallmassnahmen instruieren, die allenfalls getroffen werden müssen. Wir empfehlen auch, ein Lebensmittel besser nicht zu essen, wenn man nicht ganz sicher ist, ob der allergieauslösende Stoff enthalten ist oder nicht.

Wie viele Menschen sind von einer Allergie betroffen?

In der Schweiz sind 5-8 % der Kinder und 2-4 % der Erwachsenen von einer Nahrungsmittelallergie betroffen.

In meiner Praxis habe ich den Eindruck, dass die Intoleranzen und Allergien in den letzten Jahren zugenommen haben. Ist das so? Und falls ja, weiss man etwas über die Gründe für diese Zunahme?

Allergien haben tatsächlich in den letzten Jahrzehnten zugenommen. Die Gründe dafür sind vielfältig. Es ist beispielsweise bekannt, dass unser Immunsystem heute immer weniger gefordert ist, weil es nicht mehr so viele Viren, Bakterien und Würmer bekämpfen muss. Dies führt dazu, dass es sich gegen an sich harmlose Stoffe, wie eben zum Beispiel Nahrungsmittel, richtet. Anhaltspunkte ob es auch eine echte Zunahme von Intoleranzen gibt und was Gründe dafür sein könnten, haben wir leider keine.

Jetzt hätte ich noch drei persönliche Fragen, wenn ich darf : Wieso hast du dich entschieden, Food Science zu studieren?

Nahrungsmittel – wie sie entstehen, verarbeitet werden, was sie in unserem Körper bewirken und wie wir damit unsere Gesundheit verbessern und beeinflussen können – interessieren mich sehr. Da passte diese Studienrichtung perfekt.

Hast du selber eine Allergie oder Intoleranz und falls ja, wie gehst du damit um?

Auf Knoblauch, gerade in Kombination mit einem Glas Wein, reagiere ich ziemlich stark mit Erbrechen, Durchfall und Blutdruckabfall. Da diese Reaktion meist verzögert, also ungefähr vier bis sechs Stunden nach dem Essen auftritt, war es lange sehr schwierig, dies überhaupt herauszufinden. Heute kenne ich die Zusammenhänge und habe Knoblauch aus meinem Speiseplan gestrichen. In Restaurants erfordert dies immer ein gutes Gespräch mit dem Personal, bei grösseren eher unpersönlichen Anlässen verzichte ich lieber auch mal auf ein Häppchen, um nicht unnötig ein Risiko einzugehen.

Hat dein grosses Fachwissen über Ernährung deine Ernährungsgewohnheiten beeinflusst? Wie ernährst du dich selber in deinem Alltag, was ist dir persönlich wichtig im Umgang mit der Ernährung?

Ich beschäftige mich viel damit, woher unsere Lebensmittel stammen, wie sie hergestellt werden und was sie bewirken. Das führt sicherlich dazu, dass ich mir auch zu meiner Ernährung viele Gedanken mache. Ich sehe dies aber nicht als Nachteil, denn es ist ein für unsere Gesundheit elementares Thema und spielt im Alltag eine wichtige Rolle. Ich versuche mich, wenn immer möglich, ausgewogen zu ernähren und achte beim Einkaufen sehr auf saisonale und regionale Produkte. Mir persönlich ist es sehr wichtig, einen gesunden und vernünftigen Umgang mit dem Essen zu haben – und da gehört selbstverständlich auch ein Stück Schokolade oder ein feines Buttergüetzi zum Dessert dazu.

Liebe Sereina, herzlichen Dank für das interessante Interview und deine wertvolle Zeit.

Über Sereina de Zordo

Nach Zwischenstationen in einem Lebensmittelgeschäft mit biologischen und regionalen Produkten und einem kleinen Milchverarbeitungsbetrieb schloss sie ihr Studium der Lebensmittelwissenschaften an der ETH Zürich mit einem Master of Science in Gesundheit, Ernährung und Umwelt ab. Seit 2012 ist Sereina de Zordo bei aha! Allergiezentrum Schweiz als Projektleiterin und Beraterin im Team Fachdienstleistungen tätig.

aha! Allergiezentrum Schweiz: Schulungen und Beratungen im Überblick

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